Sonntag, 26. Mai 2019, 19 Uhr, Kapelle der Vitos-Klinik Gießen

Kammermusik von Beethoven und Schubert

mit

Erwin Grüner – Bariton
Juliane Glüer – Violoncello
Johannes Becker – Klavier



Franz Schubert

aus dem Schwanengesang

Ständchen

Liebesbotschaft

Rauschendes Bächlein,
So silbern und hell,
Eilst zur Geliebten
So munter und schnell?
Ach trautes Bächlein
Mein Bote sei Du;
Bringe die Grüße
Des Fernen ihr zu.

All ihre Blumen
Im Garten gepflegt,
Die sie so lieblich
Am Busen trägt,
Und ihre Rosen
In purpurner Glut,
Bächlein, erquicke
Mit kühlender Flut.

Wenn sie am Ufer,
In Träume versenkt,
Meiner gedenkend
Das Köpfchen hängt;
Tröste die Süße
Mit freundlichem Blick,
Denn der Geliebte
Kehrt bald zurück.

Neigt sich die Sonne
Mit rötlichem Schein,
Wiege das Liebchen
In Schlummer ein.
Rausche sie murmelnd
In süße Ruh,
Flüstre ihr Träume
Der Liebe zu.

Kriegers Ahnung

In tiefer Ruh liegt um mich her
der Waffenbrüder Kreis;
mir ist das Herz so bang und schwer,
von Sehnsucht mir so heiß.

Wie hab ich oft so süß geträumt
an ihrem Busen warm!
Wie freundlich schien des Herdes Glut,
lag sie in meinem Arm!

Hier, wo der Flammen düstrer Schein
ach nur auf Waffen spielt,
hier fühlt die Brust sich ganz allein,
der Wehmut Träne quillt.

Herz! Dass der Trost dich nicht verlässt!
Es ruft noch manche Schlacht. –
Bald ruh ich wohl und schlafe fest,
Herzliebste – Gute Nacht!

Frühlingssehnsucht

Säuselnde Lüfte
Wehend so mild,
Blumiger Düfte
Atmend erfüllt!
Wie haucht Ihr mich wonnig begrüßend an!
Wie habt Ihr dem pochenden Herzen getan?
Es möchte Euch folgen auf luftiger Bahn!
Wohin?

Bächlein, so munter
Rauschend zumal,
Wollen hinunter
Silbern ins Tal.
Die schwebende Welle, dort eilt sie dahin!
Tief spiegeln sich Fluren und Himmel darin.
Was ziehst Du mich, sehnend verlangender Sinn,
Hinab?

Grüßender Sonne
Spielendes Gold,
Hoffende Wonne
Bringest Du hold.
Wie labt mich Dein selig begrüßendes Bild!
Es lächelt am tiefblauen Himmel so mild,
Und hat mir das Auge mit Tränen gefüllt! -
Warum?

Grünend umkränzet
Wälder und Höh'!
Schimmernd erglänzet
Blütenschnee!
So dränget sich Alles zum bräutlichen Licht;
Es schwellen die Keime, die Knospe bricht;
Sie haben gefunden was ihnen gebricht:
Und Du?

Rastloses Sehnen!
Wünschendes Herz,
Immer nur Tränen,
Klage und Schmerz?
Auch ich bin mir schwellender Triebe bewusst!
Wer stillet mir endlich die drängende Lust?
Nur Du befreist den Lenz in der Brust,
Nur Du!

Aufenthalt

Rauschender Strom,
Brausender Wald,
Starrender Fels
Mein Aufenthalt.

Wie sich die Welle
An Welle reiht,
Fließen die Tränen
Mir ewig erneut.

Hoch in den Kronen
Wogend sich’s regt,
So unaufhörlich
Mein Herze schlägt.

Und wie des Felsen
Uraltes Erz,
Ewig derselbe
Bleibet mein Schmerz.

Rauschender Strom,
Brausender Wald,
Starrender Fels
Mein Aufenthalt.

In der Ferne

Wehe dem Fliehenden
Welt hinaus ziehenden!
Fremde durchmessenden,
Heimat vergessenden,
Mutterhaus hassenden,
Freunde verlassenden
folget kein Segen, ach!
auf ihren Wegen nach!

Herze, das sehnende,
Auge, das tränende,
Sehnsucht, nie endende,
Heimwärts sich wendende!
Busen, der wallende,
Klage, verhallende,
Abendstern, blinkender,
hoffnungslos sinkender!

Lüfte, Ihr säuselnden,
Wellen sanft kräuselnden,
Sonnenstrahl, eilender,
nirgend verweilender:
die mir mit Schmerze, ach!
dies treue Herze brach, –
grüßt von dem Fliehenden,
Welt hinaus ziehenden!

Abschied

Ade, Du muntre, Du fröhliche Stadt, Ade!
Schon scharret mein Rösslein mit lustigem Fuß;
Jetzt nimm noch den letzten, den scheidenden Gruß.
Du hast mich wohl niemals noch traurig gesehn,
So kann es auch jetzt nicht beim Abschied geschehn.
Ade, Du muntre, Du fröhliche Stadt, Ade!

Ade, Ihr Bäume, Ihr Gärten so grün, Ade!
Nun reit ich am silbernen Strome entlang,
Weit schallend ertönet mein Abschiedsgesang;
Nie habt Ihr ein trauriges Lied gehört,
So wird Euch auch keines beim Scheiden beschert.
Ade, Ihr Bäume, Ihr Gärten so grün, Ade!

Ade, Ihr freundlichen Mägdlein dort, Ade!
Was schaut Ihr aus blumenumduftetem Haus
Mit schelmischen, lockenden Blicken heraus?
Wie sonst, so grüß ich und schaue mich um,
Doch nimmer wend ich mein Rösslein um.
Ade, Ihr freundlichen Mägdlein dort, Ade!

Ade, liebe Sonne, so gehst Du zur Ruh, Ade!
Nun schimmert der blinkenden Sterne Gold.
Wie bin ich Euch Sternlein am Himmel so hold;
Durchziehn wir die Welt auch weit und breit,
Ihr gebt überall uns das treue Geleit.
Ade, liebe Sonne, so gehst Du zur Ruh, Ade!

Ade, Du schimmerndes Fensterlein hell, Ade!
Du glänzest so traulich mit dämmerndem Schein,
Und ladest so freundlich ins Hüttchen uns ein.
Vorüber, ach, ritt ich so manches mal
Und wär es denn heute zum letzten mal?
Ade, Du schimmerndes Fensterlein hell, Ade!

Ade, Ihr Sterne, verhüllet Euch grau! - Ade!
Des Fensterleins trübes verschimmerndes Licht
Ersetzt Ihr unzähligen Sterne mir nicht;
Darf ich hier nicht weilen, muss hier vorbei,
Was hilft es, folgt Ihr mir noch so treu!
Ade, Ihr Sterne, verhüllet Euch grau! - Ade!

Ludwig van Beethoven

Sonate für Violoncello und Klavier op. 5,1

Adagio sostenuto – Allegro – Allegro vivace

Franz Schubert

Auf dem Wasser zu singen

aus dem Schwanengesang

Der Atlas

Ich unglückselger Atlas! Eine Welt,
Die ganze Welt der Schmerzen muss ich tragen,
Ich trage Unerträgliches, und brechen
Will mir das Herz im Leibe.

Du stolzes Herz, du hast es ja gewollt!
Du wolltest glücklich sein, unendlich glücklich,
Oder unendlich elend, stolzes Herz,
Und jetzo bist du elend.

Ihr Bild

Ich stand in dunkeln Träumen
und starrte ihr Bildnis an,
und das geliebte Antlitz
Heimlich zu leben begann.

Um ihre Lippen zog sich
Ein Lächeln wunderbar,
Und wie von Wehmutstränen
Erglänzte ihr Augenpaar.

Auch meine Tränen flossen
Mir von den Wangen herab –
Und ach, ich kann’s nicht glauben,
Dass ich dich verloren hab!

Das Fischermädchen

Du schönes Fischermädchen,
Treibe den Kahn ans Land;
Komm zu mir und setze dich nieder,
Wir kosen Hand in Hand.

Leg an mein Herz dein Köpfchen
Und fürchte dich nicht zu sehr;
Vertraust du dich doch sorglos
Täglich dem wilden Meer.

Mein Herz gleicht ganz dem Meere,
Hat Sturm und Ebb' und Flut,
Und manche schöne Perle
In seiner Tiefe ruht.

Die Stadt

Am fernen Horizonte
Erscheint, wie ein Nebelbild,
Die Stadt mit ihren Türmen,
In Abenddämmrung gehüllt.

Ein feuchter Windzug kräuselt
Die graue Wasserbahn;
Mit traurigem Takte rudert
Der Schiffer in meinem Kahn.

Die Sonne hebt sich noch einmal
Leuchtend vom Boden empor
Und zeigt mir jene Stelle,
Wo ich das Liebste verlor.

Am Meer

Das Meer erglänzte weit hinaus
Im letzten Abendscheine;
Wir saßen am einsamen Fischerhaus,
Wir saßen stumm und alleine.

Der Nebel stieg, das Wasser schwoll,
Die Möwe flog hin und wieder;
Aus deinen Augen liebevoll
Fielen die Tränen nieder.

Ich sah sie fallen auf deine Hand
Und bin aufs Knie gesunken;
Ich hab von deiner weißen Hand
Die Tränen fortgetrunken.

Seit jener Stunde verzehrt sich mein Leib,
Die Seele stirbt vor Sehnen;
Mich hat das unglücksel’ge Weib
Vergiftet mit ihren Tränen.

Der Doppelgänger

Still ist die Nacht, es ruhen die Gassen,
In diesem Hause wohnte mein Schatz;
Sie hat schon längst die Stadt verlassen,
Doch steht noch das Haus auf demselben Platz.

Da steht auch ein Mensch und starrt in die Höhe
Und ringt die Hände vor Schmerzensgewalt;
Mir graust es, wenn ich sein Antlitz sehe –
Der Mond zeigt mir meine eigne Gestalt.

Du Doppelgänger, du bleicher Geselle!
Was äffst du nach mein Liebesleid,
Das mich gequält auf dieser Stelle
So manche Nacht, in alter Zeit?

Ständchen