Kammermusik

Kloster Altenberg

Sonntag, 20. Oktober 2019

 

Romantische Kammermusik

 

Niels Wilhelm Gade
 
(1817–1890)

4 Fantasiestücke für Klarinette und Klavier, op. 43

  Andantino con moto –
 Allegro  vivace – Moderato –  
 Allegro molto vivace

Reynaldo Hahn
  (1874–1947)

À Chloris

 

Louis Spohr
  (1784–1859)

6 Lieder für Singstimme, Violine und Klavier, Op. 154

- Pause -

Franz Lachner
 (1803–1890)

Lyrisches Intermezzo

Wolfgang Amadeus Mozart
   (1756–1791)

Adagio aus dem Klarinettenkonzert,  KV 622

 

Oiseaux, si tous les ans, KV 307

Dans un bois, KV 308

Franz Schubert
   (1797–1828)

Der Hirt auf dem Felsen, D 965

Es musizieren:

Kira PetrySopran

Jörg Ludwig – Klarinette
Johannes Becker – Klavier

 

 

Sei still mein Herz

 

Ich wahrte die Hoffnung tief in der Brust,

Die sich ihr vertrauend erschlossen,

Mir strahlten die Augen voll Lebenslust,

Wenn mich ihre Zauber umflossen,

Wenn ich ihrer schmeichelnden Stimme gelauscht,

Im Wettersturm ist ihr Echo verrauscht,

Sei still mein Herz, und denke nicht dran,

Das ist nun die Wahrheit, das Andre war Wahn.

 

Ich baute von Blumen und Sonnenglanz

Eine Brücke mir durch das Leben,

Auf der ich wandelnd im Lorbeerkranz

Mich geweiht dem hochedelsten Streben,

Der Menschen Dank war mein schönster Lohn,

Laut auf lacht die Menge mit frechem Hohn,

Sei still mein Herz, und denke nicht dran,

Das ist nun die Wahrheit, das Andre war Wahn.

            Karl Friedrich Freiherr von Schweitzer

 

Zwiegesang

 

Im Fliederbusch ein Vöglein saß

In der stillen, schönen Maiennacht,

Darunter ein Mägdlein im hohen Gras

In der stillen, schönen Maiennacht.

Sang Mägdlein, hielt das Vöglein Ruh,

Sang Vöglein, hört das Mägdlein zu,

  Und weithin klang

  Der Zwiegesang

Das mondbeglänzte Thal entlang.

 

Was sang das Vöglein im Gezweig

Durch die stille, schöne Maiennacht?

Was sang doch wohl das Mägdlein gleich

Durch die stille, schöne Maiennacht?

Von Frühlingssonne das Vögelein,

Von Liebeswonne das Mägdelein.

  Wie der Gesang

  Zum Herzen drang,

Vergess ich nimmer mein Lebelang!

                                            Robert Reinick

Sehnsucht

 

Ich blick in mein Herz und ich blick in die Welt,

Bis von schwimmenden Auge die Träne mir fällt,

Wohl leuchtet die Ferne mit goldenem Licht,

Doch hält mich der Nord, ich erreiche sie nicht.

O die Schranken so eng, und die Welt so weit,

Und so flüchtig die Zeit!

 

O hätt ich Flügel, durchs Blau der Luft

Wie wollt ich baden im Sonnenduft!

Doch umsonst! Und Stunde auf Stunde entflieht –

Vertraure die Jugend, begrabe das Lied! –

O die Schranken so eng, und die Welt so weit,

Und so flüchtig die Zeit!

 

                                                   Emanuel Geibel

 

 

Wiegenlied

 

Alles still in süßer Ruh,

Drum, mein Kind, so schlaf auch du!

Draußen säuselt nur der Wind:

Su, susu! schlaf ein, mein Kind!

 

Schließ du deine Äugelein,

Lass sie wie zwei Knospen sein!

Morgen, wenn die Sonn erglüht,

Sind sie wie die Blum erblüht.

 

Und die Blümlein schau ich an,

Und die Äuglein küss ich dann,

Und der Mutter Herz vergisst,

Dass es draußen Frühling ist.

 

     August Heinrich Hoffmann von Fallersleben

 

 

 

Das heimliche Lied

 

Es gibt geheime Schmerzen,

Sie klaget nie der Mund,

Getragen tief im Herzen

Sind sie der Welt nicht kund.

Es gibt ein heimlich Sehnen,

Das scheuet stets das Licht,

Es gibt verborgne Tränen,

Der Fremde sieht sie nicht.

 

Es gibt ein still Versinken

In eine innre Welt,

Wo Friedensauen winken,

Von Sternenglanz erhellt,

Wo auf gefallnen Schranken

Die Seele Himmel baut,

Und jubelnd den Gedanken

Den Lippen anvertraut.

 

Es gibt ein still Vergehen

In stummen, öden Schmerz,

Und Niemand darf es sehen,

Das schwergepresste Herz.

Es sagt nicht was ihm fehlet,

Und wenn's im Grame bricht,

Verblutend und zerquälet,

Der Fremde sieht sie nicht.

Es gibt einen sanften Schlummer,

Wo süßer Frieden weilt,

Wo stille Ruh den Kummer

Der müden Seele heilt.

Doch gibt's ein schöner Hoffen,

Das Welten überfliegt,

Da wo am Herzen offen

Das Herz voll Liebe liegt.

 

                                  Ernst Koch

 

 

Wach auf!

 

Was stehst du bange

Und sinnest nach?

Ach! schon so lange

Ist Liebe wach.

 

Hörst du das Klingen

Allüberall?

Die Vöglein singen

Mit süßem Schall.

 

Aus Starrem sprießet

Baumblättlein weich,

Das Leben fließet

Um Ast und Zweig.

 

Das Tröpflein schlüpfet

Aus Waldesschacht,

Das Bächlein hüpfet

Mit Wallungsmacht.

 

Der Himmel neiget

Ins Wellenklar,

Die Bläue zeiget

Sich wunderbar.

 

Ein heitres Schwingen

Zu Form und Klang,

Ein ewges Fügen

Im ewgen Drang!


Was stehst du bange

Und sinnest nach?

Ach! schon so lange

Ist Liebe wach.

 

           Rudolf Kulemann

 

 

Lyrisches Intermezzo

 

Auf Flügeln des Gesanges,

Herzliebchen, trag ich dich fort,

Fort nach den Fluren des Ganges,

Dort weiß ich den schönsten Ort;

 

Dort liegt ein rotblühender Garten

Im stillen Mondenschein,

Die Lotosblumen erwarten

Ihr trautes Schwesterlein.

 

Die Veilchen kichern und kosen,

Und schaun nach den Sternen empor,

Heimlich erzählen die Rosen

Sich duftende Märchen ins Ohr.

 

Es hüpfen herbei und lauschen

Die frommen, klugen Gazelln,

Und in der Ferne rauschen

Des heiligen Stromes Welln.

 

Dort wollen wir niedersinken

Unter dem Palmenbaum,

Und Liebe und Ruhe trinken,

Und träumen seligen Traum.

 

                             Heinrich Heine

 

 

Der Hirt auf dem Felsen

 

Wenn auf dem höchsten Fels ich steh,

Ins tiefe Tal hernieder seh,

  und singe.

 

Fern aus dem tiefen dunkeln Tal

Schwingt sich empor der Widerhall

  der Klüfte.

 

Je weiter meine Stimme dringt,

Je heller sie mir wieder klingt

  von unten.

 

Mein Liebchen wohnt so weit von mir,

Drum sehn ich mich so heiß nach ihr    

   hinüber.

In tiefem Gram verzehr ich mich,

Mir ist die Freude hin,

Auf Erden mir die Hoffnung wich,

Ich hier so einsam bin.

 

So sehnend klang im Wald das Lied,

So sehnend klang es durch die Nacht,

Die Herzen es zum Himmel zieht

Mit wunderbarer Macht.

 

Der Frühling will kommen,

Der Frühling, meine Freud,

Nun mach' ich mich fertig

Zum Wandern bereit.


 Wilhelm Müller, Karl August Varnhagen von Ense