Gießener Anzeiger, Kultur 29.09.2014

Exquisites Hörerlebnis mit Schuberts Forelle



VITOS Beglückende Aufführung durch Tilia-Quintett

GIESSEN - (rfi). Beglückende Momente bescherten der Chaos-Chor Gießen unter der Leitung von Johannes Becker und das Tilia-Quintett den zahlreichen Besuchern in der Vitos-Kapelle am Samstagabend. Im Zentrum des Abends stand eine brillante Aufführung von Franz Schuberts Forellenquintett A-Dur D 667. Das Tilia-Quintett mit Friedrich Holzwarth (Violine); Johanna Dießel (Viola), Klaus Gründler (Violoncello), Katja Unkelbach (Kontrabass) und Johannes Becker (Klavier) schenkte dem Publikum ein exquisites Hörerlebnis. Unter dem Motto „H2O – von der Träne bis zum Meer“ unternahm zunächst der Chaos-Chor einen abwechslungsreichen Streifzug durch beliebte Melodien.

Den Anfang machte Nacio Herb Browns Chorsatz „Singing in the rain“. In guter Textverständlichkeit ertönte das Werk mit differenzierter Klavierbegleitung. Das volksliednahe „Danny Boy“ ist ein Abschiedslied. Der Chor sang mit blühendem Chorklang. Heinrich Schütz komponierte das Chorlied „Ego dormio“ auf einen Text aus dem Hohen Lied der Bibel. Es ist ein Liebeslied, das die Künstler einfühlsam interpretierten. Jacob Arcadelts „Il bianco e dolce cigno“ beschreibt madrigalhaft den Gesang des weißen Schwans.

Im Mittepunkt des Abends stand aber das Forellenquintett, das nach neueren Forschungen wahrscheinlich in der Spätphase des Schaffens des Wiener Meisters ab 1824 anzusiedeln ist. Das Werk, entstanden auf Anregung des Cellisten Silvester Paumgartner, trägt fast durchweg heitere Züge. Schon der erste Satz, Allegro vivace, wartete mit einer Fülle schöner Melodien auf, die alle den typischen Schubertton ausprägten. Der Satz ist dabei brillant gehalten und ebenso melodiös wie virtuos. Das Tilia-Quintett musizierte mit musikantischem Schwung und transparenter Gestaltung. Die drei kontrastierenden Themen arbeitete das Ensemble ebenso gekonnt heraus wie eine Reihe feiner kompositorischer Züge. Dazu gehört die eingangs erklungene Verschmelzung von Introduktion und Hauptthema.

Der zweiteilige Andantesatz färbt die zahlreichen Melodien leicht melancholisch ein. Das Tilia-Quintett ließ die Melodien leuchten und spielte mit klanglicher Delikatesse. Das Scherzo ist ein wilder dörflicher Tanz. Der Variationensatz über das Lied die Forelle entfaltet in sechs, fast durchgehend melodiekonstanten Variationen einen Kosmos des frühromantischen Komponierens. Der muntere Kehraus des Finales ist Ausdruck übersprudelnder Lebensfreude. Anschließend ertönten noch sechs Chorsätze, darunter eine launige Strophenliedfassung der Forelle. Das zahlreiche Publikum in der voll besetzten Vitos-Kapelle bedankte sich mit wahren Ovationen.